Evangelium und Kirche

Bericht von der Landessynode Herbst 2022

Foto: Gottfried Stoppel

Nicht einstimmig: EuK-Synodale nehmen bei umstrittenen Punkten klare Positionen ein. (Foto: Gottfried Stoppel)

 

EuK-Bericht als PDF

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EuK-Synodalbericht Herbst 2022 (3 MB)

 

Die Herbsttagung der Landessynode im November 2022

EuK berichtet:

Sparmaßnahmen - Klimaschutzgesetz, Verwaltungsreform und mehr

Text: Christoph Schweizer / Fotos: Thorsten Volz

 

Klimaschutzgesetz – Pfarrplan – Verwaltungsreform – Sparmaßnahmen und Doppelhaushalt: Die Herbstsynode 2022 hatte sich eine stramme Tagesordnung vorgenommen.

Klimaschutzgesetz

Annette Sawade stellte das Klimaschutzgesetz vor

Das landeskirchliche Klimaschutzgesetz sieht vor, dass die Landeskirche mit ihren Gemeinden und Einrichtungen bis 2040 „klimaneutral“ ist. „Nach anfänglichen Zweifeln, ‚jetzt auch noch ein Gesetz‘ haben wir uns konstruktiv an die Arbeit gemacht“, berichtete die Synodale Annette Sawade im Votum des Gesprächskreises Evangelium und Kirche (EuK) „Wir sehen in einer gesetzlichen Regelung auch eine Chance, dass neue Anreize geschaffen werden, klimafreundliches Handeln flächendeckend umzusetzen, ohne dass kirchliche Arbeit dadurch eingeschränkt oder gefährdet wird“, sagte Sawade.

Von einer monatlichen Datenerhebung wurde im Gesetzesvorschlag abgesehen. Sawade: „Wir sollten unsere Kirchengemeinden nicht mit noch mehr Verwaltungsdingen belasten.“ Die erfahrene Kommunalpolitikerin empfiehlt den Gemeinden, „dass man mit den kommunalen Beauftragten kooperiert“. Es gebe Wärme- und Kälteplanungen für größere Gemeinden bzw. Gemeindeverbünde, bei denen gebäudescharf Daten erfasst werden.

Das Klimaschutzgesetz hat auch die kirchliche Bildung im Blick. „Ich kann nicht richtig und zielgerichtet handeln, wenn ich nicht weiß, warum“, so Sawade. Die Kirche solle sich vor Ort „der Diskussion stellen, Abwägungen treffen, Diskussionen führen um Wohnraum gegen Streuobstwiesen, Innen-Entwicklung vor Außen-Entwicklung in unseren Dörfern und Städten, Windräder gegen Vogelschutz oder Lärmbelästigung.“ Der EuK-Synodale Matthias Eisenhardt (Schorndorf) berichtete: „Eine Frau in meiner Gemeinde ist wieder in die Kirche eingetreten, weil sie verstanden hat, wie wir uns für Klimaschutz einsetzen.“

Außerdem berichtete Annette Sawade über den „Beitrag zu den Klimaschutzzielen durch Photovoltaikanlagen“. Ausgangspunkt war ein synodaler Antrag an den Oberkirchenrat, die Anzahl der Photovoltaik-(PV)-Anlagen auf kirchlichen Gebäuden zu erhöhen. Allerdings sind wesentlich weniger Gebäude dafür geeignet, als erwartet. Hinderungsgründe waren unter anderem Fragen des Denkmalschutzes, der Verschattung, der Statik oder des Bauzustandes. Sawade wies darauf hin, dass es beim Denkmalschutz durch neue Landesgesetze inzwischen mehr Spielraum gebe.

Erfreulich sei, dass bei der Bauberatung für Gemeinden durch den Oberkirchenrat („Vernetzte Beratung“) mittlerweile das Thema Photovoltaik regelmäßig im Blick sei. Zudem wirke die Landeskirche als Gesellschafterin des kirchlichen Energieversorgers KSE darauf hin, dass KSE die Kirchengemeinden bei PV-Vorhaben unterstützt. Kirchengemeinden sollen die Möglichkeit haben, in eine PV-Anlage zu investieren, ohne selbst für ihre Bewirtschaftung, Versteuerung und sonstige Verwaltung zuständig zu sein, berichtete Annette Sawade.

Oft gebe es bei älteren Gebäuden Widerstände gegen PV aus ästhetischen Gründen. In den vergangenen Jahren habe hier jedoch ein Wandel stattgefunden, so Annette Sawade, „es wurden angemessene Gestaltungselemente entwickelt“. Sie regt an, herausgehobene Projekte zu bewerben. „Die Landeskirche kann hier Vorbild sein.“

 

Pfarrplan und Zugänge zum Pfarrdienst

Christoph Schweizer engagiert für EuK

Der Antrag 49/22 mit dem Ziel, mehr Pfarrstellen im PfarrPlan 2030 zu erhalten, sorgte formal und inhaltlich für Aufregung. Aus EuK-Sicht unangemessen wurde er ohne Vorberatung in den synodalen Ausschüssen am späten Donnerstagabend verhandelt und direkt beschlossen. In dem gesprächskreisübergreifenden Antrag – ohne Beteiligung von EuK – wird der Oberkirchenrat gebeten, „die Gesamtzahl der Gemeinde- und Sonderpfarrstellen im Pfarrplan 2030 abweichend von der Personalstrukturplanung für den Pfarrdienst auf 1.100 zu erhöhen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit die benötigte Zahl an Pfarrpersonen zur Verfügung steht.“ Um im Pfarrplan 2030 insgesamt 64 Pfarrerinnen und Pfarrer mehr vorzusehen und damit ihre Zahl statt um 28,3 nur um 24 Prozent zu senken, schlugen die Antragsteller eine Reihe von Maßnahmen vor: Pfarrpersonen sollen freiwillig über das 67. Lebensjahr hinaus arbeiten können. Die Zugangsvoraussetzung zur berufsbegleitenden Ausbildung soll erweitert werden. Aus EuK-Sicht war besonders die dritte genannte Maßnahme schwierig: Für Absolventinnen und Absolventen nicht-universitärer, aber staatlich anerkannter theologischer Hochschulen soll ein möglichst unkomplizierter und niedrigschwelliger Zugang in den Pfarrdienst geschaffen werden.

Matthias Eisenhardt (Schorndorf) kritisierte, die Erhöhung der Pfarrstellenzahlen entgegen der Planung „hört sich zunächst einmal schön an. Aber ich gebe zu bedenken, dass das auf Kosten künftiger Generationen geschieht.“ Er rechnet mit Mehrkosten von rund 10 Millionen Euro jährlich. Vor allem aber nahmen die EuK-Synodalen Anstoß am Verfahren. Zum Beispiel Thorsten Volz (Sulz): „Einbringung und dann gleich Abstimmung im Plenum – was ist das für eine Diskussionskultur? Warum wird hier die Synode nicht in ihrer Breite beteiligt? Was soll dieses Pingpongspiel zwischen Synode und Oberkirchenrat? Der Oberkirchenrat kann diesem Antrag doch unmöglich zustimmen.“ Ein realistischer Pfarrplan sorge für eine gerechte Verteilung zwischen Stadt und Land. Volz wies auch darauf hin, dass die EKD-Gliedkirchen beim Zuschuss für die Kirchliche Hochschule Neuendettelsau 300.000 Euro einsparen, nun werde auf andere Hochschulen ohne universitären Standard gesetzt.

Matthias Eisenhardt plädierte dafür, die Maßnahmen zunächst in den Fachausschüssen zu beraten. Schließlich gehe es um grundsätzliche Entscheidungen: „Was für eine Pfarrerschaft brauchen unsere Gemeinden?“ Es sei ferner zu beraten, wie der Übergang vom Studium in den Pfarrberuf gefördert werden könne.

Prof. Dr. Jürgen Kampmann, Vertreter der Tübinger theologischen Fakultät in der Landessynode, wies darauf hin, dass die Standards zum Beispiel an der freien theologischen Hochschule in Bad Liebenzell nicht vergleichbar seien mit universitären Abschlüssen. Anschlussmöglichkeiten an die theologischen Fakultäten seien nicht gegeben. Und der Offene-Kirche-Synodale Dr. Hans-Ulrich Probst (Tübingen) erläuterte, dass im Staatskirchenvertrag die Ausbildung zum Pfarramt an Hochschulen geordnet sei. Es sei nicht zielführend, wenn von kirchlicher Seite dieser Vertrag aufgeweicht werde. Er warnte auch vor einem württembergischen Sonderweg. Andere Synodale der Offenen Kirche schlugen andere Töne an, etwa Eckart Schultz-Berg, der darauf hinwies, dass es bei den anderen Hochschulen ja nur um eine geringe Zahl von Studierenden für einen befristeten Zeitraum gehe.

Die letzte mahnende Stimme in der Aussprache kam von Oberkirchenrätin Kathrin Nothacker. Sie ist für den Pfarrdienst zuständig. Sie wies auf die Gefahr hin, dass die württembergische Landeskirche verbindliche europaweite Absprachen verlasse. Der Regelweg sei nach wie vor das akademische Studium mit Erster und Zweiter Theologischer Dienstprüfung. Die Aufnahme von 42 neuen Studierenden auf die Liste der württembergischen Theologiestudierenden im Jahr 2022 mache deutlich, dass dieser Weg durchaus noch eingeschlagen werde. Zudem gebe es bereits alternative Zugänge, zum Beispiel über den Masterstudiengang für Berufstätige mit abgeschlossenem Studium, über die berufsbegleitende Ausbildung im Pfarrdienst oder den Einstieg von gymnasialen Religionslehrerinnen und -lehrern ins Vikariat.

Allen gewichtigen Einwänden zum Trotz wurde der Antrag angenommen.

Ebenfalls mit dem Pfarrdienst befasste sich ein Antrag, versuchsweise und befristet auf sechs Jahre auf die Besetzung von zehn Pfarrstellen zu verzichten und in den betreffenden Gemeinde-Distrikten das eingesparte Geld für den Aufbau von „multiprofessionellen Teams“ zu verwenden. Der EuK-Synodale und Schuldekan Dr. Harry Jungbauer (Heidenheim) beantragte, auch den Religionsunterricht als Grundaufgabe des Pfarrdienstes dabei sicherzustellen. Dieser Antrag wurde angenommen.

Der EuK-Synodale Johannes Eißler (Eningen u.A.) wies darauf hin, dass die Synode mit dem letzten Pfarrplan mehrere unterstützende Maßnahmen beschlossen habe, um den Pfarrplan „unterstützend abzufedern“. Davon übrig sei noch ein Rest des sogenannten „Flex-3-Pakets“ – 30 Vollzeitäquivalente an Diakonenstellen. Eißler begrüßt den neuen Vorschlag. „Es tut uns gut, ‚out oft he box‘ neue Modelle zu haben, Entwicklungen, die von unten wachsen.“ Die Realisierung der Idee werde allerdings schwierig: „Ich möchte den Bezirk sehen, der sagt, wir verzichten auf die Ausschreibung einer Pfarrstelle“, sagte Eißler. Auch der EuK-Synodale Anselm Kreh begrüßt es, „dass man neue Dinge überlegt“. Er stellt allerdings die Frage: „Wie geht es mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiter nach den sechs Jahren? Wie stellen wir sicher, dass die multiprofessionelle Arbeit nicht nach sechs Jahren verpufft?“

Der EuK-Synodale Christoph Schweizer wies auf aktuelle Erfahrungen in seiner Gemeinde mit einem „Flex-3-Antrag“ hin: Solche Projekt-Förderanträge bedeuten viel Arbeit für die befassten Gremien. Er appellierte deshalb: „Gestaltet bitte die Maßnahme so, dass die Antragsstellung schlank geht.“

 

Modernisierung der Verwaltung

Renate Schweikle bringt für EuK das Votum zur Verwaltungsstrukurreform ein.

Die Landessynode hat ein weit reichendes Gesetz zur Modernisierung der kirchlichen Verwaltung verabschiedet. In Zukunft sollen die Kirchengemeinden durch neue „Regionalverwaltungen“ bei ihren Verwaltungsaufgaben entlastet werden, eine stärkere Standardisierung und höhere Effizienz soll erreicht werden. Die Entscheidungsgewalt in Haushalts- und Vermögensfragen bleibt bei den Kirchengemeinden. Ab 1. Januar 2023 können Kirchenpflegerinnen und Kirchenpfleger nur noch höchstens bis zum 31. Dezember 2030 gewählt werden. Wo es keine Kirchenpflege mehr gibt, bestellt der Kirchengemeinderat eine oder einen „Beauftragte(n) für den Haushalt“ aus seiner Mitte. Außerdem gibt es das neue Berufsbild der „Assistenz der Gemeindeleitung“, welche die Kirchengemeinde vor Ort unterstützt. Ab dem 1. Juli 2023 können Kirchengemeinden Aufgaben von der Regionalverwaltung erledigen lassen. Ab 2024 werden keine Kirchenpflegerinnen oder Kirchenpfleger mehr neu gewählt. Ab 1. Januar 2031 wird in Württemberg das Amt der Kirchenpflege nach circa 160 Jahren nicht mehr existieren.

Die EuK-Synodale Renate Schweikle lobte im Gesprächskreisvotum die Arbeit, die in der Reform steckt. Im Rechtsausschuss sei allerdings immer wieder deutlich geworden, dass die Kommunikation der Reform „trotz Homepage, Video-Informations-Sitzungen und Rundschreiben nicht überall geglückt ist“. Der Gesprächskreis Evangelium und Kirche hätte sich gewünscht, dass einige Grundanliegen bereits im Gesetz und nicht erst später in den Ausführungsbestimmungen bedacht worden wären. „Dazu gehören die Frage nach der konkreten Beteiligung der Gemeinden am künftigen Verwaltungsgeschehen oder auch zum Informationsfluss von der Regionalstelle in die bezirklichen und gemeindlichen Gremien.“

Den Oberkirchenrat forderte Renate Schweikle auf, baldmöglichst Grundzüge der Ausführungsbestimmungen gebündelt darzustellen und verbindlich zuzusagen. EuK habe besonders diejenigen im Blick, die zwar bis 2030 gewählt sind, aber schon zuvor Teile ihrer Arbeit abgeben müssen, ohne dass sie in der Regionalstelle oder in einer großen Filiale beschäftigt werden können oder wollen. Auch das Anforderungsprofil des neuen Berufs „Assistenz der Gemeindeleitung“ sollte klar und einheitlich definiert werden. „Das Kriterium Qualität muss für unser Vorhaben leitend sein“, schloss Schweikle. „Dazu gehören neben Professionalität, Verschlankung und Effizienz auch Transparenz, Vertrauenswürdigkeit und die explizite Rückbindung der kirchlichen Verwaltung an den kirchlichen Auftrag.“

Der EuK-Synodale Dr. Harry Jungbauer brachte drei Änderungsanträge ein, unter anderem zu einem Schlichtungsverfahren bei Streitfällen. Diese Anliegen sollen allerdings nicht ins Gesetz, sondern in die Ausführungsbestimmungen aufgenommen werden, so auch eine klare Regelung des Beschwerdemanagements.

Thorsten Volz aus Sulz weist darauf hin, dass alles dafür getan werden müsse, dass „Assistenz der Gemeindeleitung“ ein attraktiver Beruf werde. Der Oberkirchenrat habe die Weiterbeschäftigung der Angestellten in den Gemeinden „auf dem Schirm“, es werde an guten Übergängen in die neue Struktur gearbeitet.

 

Schwerpunkte und Posterioritäten

Thorsten Volz: Bittere Sparbeschlüsse - "Wo ist das Gesamtkonzept?"

Dr. Fabian Peters, Sachgebietsleiter für Statistik und Datenanalyse im Finanzdezernat des Oberkirchenrates, stellte die Spar-Überlegungen des Evangelischen Oberkirchenrats vor. Im Bereich der beeinflussbaren Kosten des landeskirchlichen Haushaltes müssten bis 2030 10,2 Prozent reduziert werden. Dafür müssten 155 Stellen abgebaut werden. Die durch den „Sonderausschuss Prioritäten und Posterioritäten“ vorgelegten Beschlüsse seien erste Sparmaßnahmen in diesem Zusammenhang.

Im Blick sind ganz unterschiedliche Bereiche wie die landeskirchlichen Bibliotheken, die Evangelische Erwachsenen- und Familienbildung, das Sport- und Freizeitheim Kapf, das Haus Birkach – zukünftig Bildungszentrum ohne Übernachtungsbetrieb -, die Tagungsstätte Hohebuch, Umstrukturierungen beim Müttergenesungswerk und beim Dorfhelferinnenwerk, Einsparungen bei Druckerzeugnissen, bei der Anzahl von Prälaturen und bei Schuldekaninnen und -Dekanen und ein „Strukturstellenplan“. (Nähere Informationen dazu finden Sie auf www.elk-wue.de beim Bericht von der Herbstsynode, Bericht vom 26. November, TOP 25.)

Der EuK-Synodale Dr. Harry Jungbauer sagte in der Aussprache: „Was mir fehlt, ist die Beziehung zwischen den im Sonderausschuss erarbeiteten Kriterien und den Einzelbeschlüssen, die heute vorliegen.“ Und die EuK-Synodale Amrei Steinfort (Balingen) kritisierte, dass überproportional im Bereich der Bildung gespart werde. Sie sagte: „Wenn ich nachher die Hand hebe, dann tue ich es mit schwerem Herzen. Ich täte mich leichter, wenn ich wüsste, worauf es hinaus läuft. Wie sieht zum Beispiel die zukünftige Vikarsausbildung aus?“

Thorsten Volz (Sulz) vermisst bei den „bitteren Sparbeschlüsse“ ein Gesamtkonzept. Der Direktor des Oberkirchenrates, Stefan Werner, entgegnete: Beim Sparen mit Hilfe von mühevoll erarbeiteten „dicken Papieren“ tue man sich am Ende schwer damit, zu konkreten Sparmaßnahmen zu gelangen. „Am Ende sind es konkrete Vorschläge, mit denen wir vorankommen“, so Werner. Der Bildungsbereich werde im Moment härter getroffen, „weil der schon weitgehend seine Hausaufgaben gemacht und strukturelle Vorschläge gemacht hat“.

 

Strategische Planung

Philipp Jägle: „Gibt es im Oberkirchenrat nichts, auf das Sie sich freuen?“

Stefan Werner, Direktor im Oberkirchenrat, stellte die Strategische Planung des Oberkirchenrates vor. Ganz grundsätzlich fragte er zu Beginn: „Was kann ein strategischer Bericht in Zeiten leisten, in denen Planung von so vielen Unsicherheiten begleitet wird, wie nie in den letzten Jahrzehnten?“  Werner zitierte den Theologen und früheren badischen Oberkirchenrat Michael Nüchtern: „Zeugnisorientierung, Zugangsvielfalt, Zeitbezogenheit und Zielorientierung kirchlichen Leitungshandelns bilden ein Spannungsfeld. Es kann und darf nicht reduziert werden. Aus ihm folgt die charakteristische „Schmiegsamkeit“ kirchlicher strategischer Entscheidungen“.

An inhaltlichen Schwerpunkten nannte Direktor Werner die „Verbesserung der Kommunikation“ zwischen Oberkirchenrat und Landessynode sowie zwischen dem Oberkirchenrat und kirchlichen Körperschaften, Diensten, Werken und Einrichtungen. Die Kirche müsse „raus aus ihrer Blase – hin zu den Menschen“. Als weitere Schwerpunkte nennt Werner: Nachhaltige Finanzierung der Organisation und Generationengerechtigkeit, Sicherung der Symbolkraft der Kirchengebäude durch eine Immobilienstrategie und die Weiterarbeit an der Digitalen Roadmap. Als Herausforderungen identifizierte der Oberkirchenrat die Optimierung des Servicecharakters von Verwaltung, die Umsetzung des neuen Finanzmanagements mit der Umstellung auf „Doppik“, die Verwaltungsreform, den Umgang mit sexualisierter Gewalt in der Kirche sowie Personalführung und „New Work“.

Der EuK-Synodale Philipp Jägle (Ravensburg) kommentierte den Bericht: „Mir war nicht ganz klar, mit welcher Textgattung wir es zu tun haben oder was das Ziel ist.“ Das Wort „Schmiegsamkeit“ habe ihm im Zusammenhang der Strategischen Planung des Oberkirchenrates gut gefallen. Schmiegsamkeit mache es leichter, mit Herausforderungen umzugehen. Jägle fände es gut, wenn ein bisschen mehr Hoffnung zum Vorschein käme bei dem oberkirchenrätlichen Strategiebericht: „Gibt es im Oberkirchenrat nichts, auf das Sie sich freuen?“ Ein Blick in Walter Benjamins Texte könne helfen. Dieser werbe für einen „entzauberten Blick in die Zukunft“, welche nicht als „leere Zeit“ verstanden werde, sondern in der „jede Sekunde die kleine Pforte war, durch die der Messias treten konnte“. Johannes Eißler plädierte dafür, noch mehr Sparpotenziale bei den Immobilien zu heben. „Muss heutzutage wirklich jede Gemeinde ein Pfarrhaus mit 200 Quadratmetern haben?“, fragte er. Die Residenzpflicht für Pfarrerinnen und Pfarrer gehöre auf den Prüfstand. Und in der Heizsaison könnten evangelische und katholische Kirchengemeinden zusammenrücken und ihre Kirchengebäude gemeinsam nutzen.

 

Haushalt

Schuldekan Dr. Harry Jungbauer bringt für EuK das Votum zum Doppelhaushalt ein.

Am Schluss ihrer Tagung hat die Landessynode den ersten Doppelhaushalt der Landeskirche beschlossen, außerdem insgesamt 14 Anträge für mittelfristige Ausgabenkürzungen. Der Oberkirchenrat plant mit einem Kirchensteueraufkommen von 820 Mio. Euro im Haushaltsjahr 2023 und 835 Mio. Euro im Haushaltsjahr 2024.

„Schon als Kind mochte ich Doppelkekse“, bekannte Dr. Harry Jungbauer im EuK-Gesprächskreisvotum zum Haushalt. Ähnlich wie bei den Keksen komme es ihm mit dem Doppelhaushalt vor: „Man hat mehr davon. Die Beschäftigung damit lohnt. Und: man weiß zum großen Teil, was man in den nächsten beiden Jahren hat bzw. ausgeben kann.“ Der Gesprächskreis Evangelium und Kirche sei froh, mit dem Doppelhaushalt eine Entlastung für die Verwaltung geschafft zu haben. Jungbauer plädierte für haushalterische Sorgfalt. Mit Sorge sehe er, dass 2023 die Aufwendungen um fast 22 Mio. höher ausfallen als in den Eckwerten geplant. Auch warnt er vor der Argumentation, mit dem Pfarrplan sei schon genug gespart, nun könne an anderen Stellen aufgestockt werden. Dies sei insgesamt eine falsche Rechnung. Deshalb begrüße er die Aufstellung eines Strukturstellenplans für die Landeskirche und die höchst vernünftige Rücklagenpolitik des Oberkirchenrates.

Der Doppelhaushalt sende positive Signale aus. Jungbauer freut sich über den „Energiefonds“ in Höhe von 5,2 Mio. Euro. Dieser wird gespeist aus zusätzlichen Kirchensteuern aufgrund von Mehreinnahmen durch die staatliche Energiepreispauschale. Diese Einnahmen werde die Landeskirche nicht behalten, sondern an Bedürftige weiterleiten. Jungbauer lobte die insgesamt rund 25 Millionen Euro für Aufgaben des Klimaschutzes sowie jährlich zwei Millionen – statt bisher einer – zur Förderung der Kindertageseinrichtungen. „Dass es gelungen ist, Popularmusik und Landespopkantorat zu fördern, freut uns besonders, da wir die Kirchenmusik insgesamt für einen ganz wichtigen Bereich halten, mit dem wir in unsere Gesellschaft hineinwirken“, sagte Dr. Jungbauer.

Alle vier Grundaufgaben der Kirche, Verkündigung, Unterricht, Seelsorge und Diakonie, müssen finanziell gut ausgestattet sein. Harry Jungbauer: „Wir danken den Kirchensteuerzahlenden, weil sie uns immer noch gut ausstatten dafür. Wir stimmen dem Doppelhaushalt gerne zu.“

 

Stolz auf unsere Kirche

Michael Schneider: "Stolz auf unsere Kirche"

Der EuK-Synodale Michael W. Schneider (Heilbronn) sagte in einem emotionalen Beitrag: „Mit dem, was ich die letzten zwei Tage gehört habe, wo überall Hilfe benötigt wird, sei es in der weiten Welt oder bei uns, wünschte ich, dass wir viel mehr machen könnten. Wir müssen handlungsfähig sein, nicht nur für heute, sondern für morgen.“ So solle für die Ausschüttung der 5,2 Millionen aus dem Energiefonds ein System gefunden werden, „mit dem wir das maximal Gute tun. Bei allem, was unsere Kirche tut, bin ich stolz auf unsere Kirche“, so Michael Schneider.